Von Veronika Bohrn Mena, Lena Schilling & Daniela Brodesser (erstmals veröffentlicht in der Wiener Zeitung am 3.Februar 2021)
Wir kennen die Bilder von den kleinen Kindern, die in Minen nach Gold schürfen oder in maroden Hallen in Bangladesch an den Nähmaschinen sitzen. Von den modernen Sklaven die auf Plantagen den Kakao oder unser Obst und Gemüse ernten. Wir wissen auch, dass Tierarten wegen der Gier nach Palmöl vom Aussterben bedroht sind und dass der Regenwald für den Anbau von Soja gerodet wird. Wenn wir ehrlich zueinander sind, dann ist uns im Grunde also durchaus bewusst, dass für die Herstellung von Lebensmitteln, Kleidung oder Rohstoffen, andere den wahren, viel zu hohen Preis bezahlen müssen. Viel zu viel von dem, was mittlerweile zu unserem Alltag gehört, wird unter Bedingungen erzeugt, die nicht ansatzweise unseren gesetzlichen Standards entsprechen. Sie basieren auf der Ausbeutung von Menschen, auf der Zerstörung der Natur und der Schädigung des Klimas. Sie führen zu einem gewaltigen Schaden für viele Menschen und obszönen Gewinnen für einige wenige Konzerne. Das ist hinreichend dokumentiert. Aber ist dieses System tatsächlich alternativlos? Und ist die einzige Möglichkeit uns zu wehren der Verzicht?
Denn zunehmend regt sich Widerstand in immer mehr Ländern gegen die Verantwortungslosigkeit und Profitgier von Konzernen. Denn es sind oftmals europäische und auch in Österreich tätige Konzerne, die zu den Nutznießern und Treibern des Raubbaus an Menschen und Umwelt zählen. Und die zudem nicht einmal ihre Steuern bei uns begleichen und so selbst in den westlichen Ländern keinen adäquaten Beitrag zur Gesellschaft leisten. Und sie besitzen sogar die Frechheit, die Verantwortung dafür auch noch an uns Konsument*innen zu delegieren, indem sie ihre schmutzigen Milliarden für Lobbying und PR verbrennen, um sich vor ihrer Verantwortung zu drücken.
Nein, wir können ihr Fehlverhalten und weitere Schäden nicht über unser Konsumverhalten verhindern. Wir brauchen stattdessen neue Regulative, um die Fahrlässigkeit und den skrupellosen Umgang der Konzerne mit der Welt zu beenden.
Diese werden wir nur als Kollektiv erreichen, als mündige Bürger*innen, die sich mit den Betroffenen von Ausbeutung und Zerstörung in den Ländern des globalen Südens solidarisieren. Die hier an den Orten, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften dafür sorgen, dass Konzerne für die Schäden und Grausamkeiten haftbar gemacht werden, die sie und ihre Zulieferer verantworten.
Ein Lieferkettengesetz ist ein solches Instrument. Ein Gesetz also, das Konzerne dazu verpflichtet entlang ihrer globalen Lieferketten die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu wahren. Und das sicherstellt, dass sie hier und von uns rechtlich dafür belangt werden können, wenn sie nachweislich diese Sorgfaltspflicht vernachlässigen. Es geht also nicht darum, dass keine T-Shirts oder Jeans mehr produziert werden dürfen – es muss jedoch unter fairer Entlohnung und sicheren Arbeitsbedingungen geschehen, ohne dass dabei die Umwelt zerstört und das Klima weiter belastet wird. Wer argumentiert, dass wir dadurch an „Wettbewerbsfähigkeit“ verlieren würden, der entlarvt sich als kurzsichtig. Denn wenn wir nicht bereit sind Konzerne für Gräueltaten zur Rechenschaft zu ziehen, weil das ihren Profit schmälern würde, dann kommt das einer Bankrotterklärung gleich.
Unsere Zukunft liegt in robusten, kurzen, nachhaltigen und transparenten Lieferketten. Das muss sie. Denn unser Planet und die Menschen ertragen den Raubbau nicht länger. Lassen wir nicht zu, dass die Gier mancher uns alle in den Abgrund stürzt.